Mittwoch, 3. August 2011
Interview - Dritte Wahl - Juli 2011
Dritte Wahl, eine Band, die seit über 20 Jahren aus dem deutschen Punkrock nicht mehr wegzudenken ist. Hier haben wir ein Interview mit dem Frontmann "Gunnar" für euch!
Moin Gunnar, Wie ist das Wetter an der Ostsee?
Momentan scheint die Sonne! Alles gut, soweit.
Ihr seid schon seit November 2010 mit Eurem Album „Gib Acht“ auf Tour. Was waren bisher die überraschendsten Momente?
Erst einmal sind wir sehr froh, dass die Scheibe so gut ankommt. Es ist unser achter Longplayer und wir waren im Vorfeld nicht sicher, wie die Songs angenommen werden, da sie schon ein Stück weit anders sind, als die Lieder auf den letzten Platten. Schön ist es dann natürlich, wenn die Leute schon kurz nach erscheinen des Albums die neuen Songs mitsingen.
Mich hat auf der Platte einmal mehr die Ironie, vor allem aber der neue Humor überrascht. Insgesamt ist das Album weit experimenteller als die Vorgängeralben. Hat die Platte das erreicht, was ihr Euch gewünscht habt?
Wir haben uns nicht vorher entschlossen solche Songs zu machen. Es ist einfach passiert. Wir haben uns viel Zeit gelassen und da ist einiges im Mülleimer gelandet. Bei den Stücken, die es auf „Gib Acht!“ geschafft haben, waren wir sicher, dass diese Lieder zu uns passen. Wir sind mit den Aufnahmen sehr zufrieden.
Wie sind die Rückmeldungen der Fans im Vergleich zum Vorgängeralbum?
Die neue Platte kommt noch besser an, obwohl die Reaktionen auf „Fortschritt“ auch schon recht gut waren.
Ihr hattet zuletzt im April 6 Konzerte am Stück. Wie schafft man dieses Mammutprogramm, ohne sich dabei gegenseitig auf die Nerven zu gehen?
Wir sind wirklich sehr enge Freunde und wir vertragen uns, auch nach all den Jahren immer noch erstaunlich gut. Ich kann gar nicht genau sagen, warum das so ist, aber es ist schön und ich hoffe, dass es noch lange so bleibt.
Mit wie viele Leuten, ist das DW Team für den Touralltag gerüstet?
Meist sind wir mit acht Menschen unterwegs. Da sind wir drei Musikanten, ein Tontechniker, ein Lichtmann, ein Roadie für die Bühne, ein Verkäufer hinter unserem Klamotten-Stand und ein Tourbegleiter, der verzweifelt versucht das ganze zu Koordinieren.
Wie viele km habt ihr letztes Jahr auf Euren Bandbus gefahren?
60.000
Demnächst begleitet ihr In Extremo auf deren Tour. Von welcher Seite kam die Anfrage?
Wir kennen uns flüchtig und wir haben gefragt. Schön, dass das nun klappt!
Ihr habt als eine der wenigen Punkbands schon Konzerte in allen Ecken Europas gespielt. Da brennen sich doch bestimmt so manche Erlebnisse ein. Gibt es eine Geschichte, an der du unsere Leser teilhaben lassen möchtest?
Wir waren einmal mit The Exploited in Belgrad. Das Konzert fand in einem sehr schönen Saal für 1.500 Leute und die waren auch da. Bei unserem Konzert war noch alles vergleichsweise ruhig, doch als Watti & Co die Bühne betraten explodiere in dem Laden eine Gasgranate und anschließend versuchten natürlich alle da raus zu kommen. Es brach eine richtige Panik aus. Einige sprangen aus den Fenstern und da ging es ca. 3 Meter runter. Andere drängte zu den Türen, trampelten über Leute und kletterten über das Mischpult. Unser Tonmann hockte unter dem Pult und wusste nicht was wird. Dann kamen die Bullen, mit Gasmasken usw. und prügelten die armen Menschen aus dem Club. Wir hatte alle Schiss. Draußen tobten dann die wütenden Fans, denn schließlich wollten sie The Exploited sehen und es gab eine richtige Strassenschlacht mit der Polizei. Wir mussten da mitten durch und unsere Anlage in Sicherheit bringen. Wir haben dann den Fahrer geweckt und gesehen, dass wir weg kamen.
Hast du einen Glücksbringer dabei wenn Du auf Tour gehst?
Ich habe einen alten abgegriffenen Teddy in meinem Kabelkoffer. Irgendwann habe ich ihn mal nach einem Konzert auf der Bühne gefunden und er hat mir leid getan. Seit dem begleitet er mich.
Busch´n ist bei jedem Konzert in Gedanken dabei. Habt ihr regelmäßig Kontakt zu seiner Familie?
Mit Buschn´s ältestem Sohn schreibe ich mich regelmäßig. Er studiert in Greifswald und spielt auch Bassgitarre. Die beiden kleineren Kinder sehe ich auch ab und an, und wenn wir in oder bei Rostock spielen kommt Buschn´s Ma vorbei und schaut uns zu.
Mit der polnischen Band FarbenLehre verbindet Euch schon seit Jahren eine starke Freundschaft. Bei welcher Gelegenheit habt ihr Euch kennengelernt?
Wir waren in Polen auf Tour und haben zusammen gespielt. Irgendwie mochten wir uns gleich und ich finde sie haben großartige Songs im Programm.
Welchen Musiktonträger hast du zuletzt gekauft und war es eine gute Wahl?
Rise Against – Endgame
Das ist wirklich eine coole Scheibe!
Durch welche Künstler / Bands wurde der Sound von Dritte Wahl in den ersten Jahren maßgeblich geprägt, bis ihr zu Euren eigenen unverwechselbaren Stil gefunden habt?
Zu allererst die Toten Hosen. Danach kamen so Bands wie Slime, Toxoplasma, Hass, Ton Steine Scherben, Die Skeptiker usw.
Auf welche Eigenschaften kannst du Dich bei Krel und Stefan verlassen?
Sie sind immer da wenn man sie braucht und sie ticken ähnlich wie ich. Wenn ich eine Idee (zu einem Song, einem Foto, zu einem Plattencover oder einer Tournee) habe kann ich mir fast sicher sein, dass sie mitziehen.
Was waren für Dich gefühlt die gravierendsten Unterschied von Konzerten zu DDR Zeiten und Konzerten in den „alten“ Bundesländern direkt nach der Wende? Gibt es auch heute noch Unterschiede?
Früher durften wir offiziell gar nicht spielen. Es gab uns ja nicht. Man musste in der DDR eine Auftrittsgenehmigung haben, um Konzerte spielen zu können. So eine „Einstufung“ hatten wir nicht und so spielten wir nur inoffiziell auf Partys oder in kleinen Clubs. Heute finden nicht wenige Konzerte von uns in staatlich geförderten Läden statt. Es ist einfach alles anders. Wir haben ein Auto, um uns fortzubewegen, wir können mit Plakaten und in Zeitungen für unsere Konzerte werben, das Equipment ist viel besser usw. Aber Bier wurde auch damals schon getrunken!
Wem und für was hast du zuletzt Danke gesagt?
Ich bedanke mich regelmäßig zu Hause dafür, dass ich immer noch losfahren darf. Rückhalt in der Familie ist sehr wichtig, wenn man so viel unterwegs ist wie wir. Denn mir ist die Familie genauso wichtig wie die Musik.
Wo siehst du Dich mit DW in zwei Jahren?
Das ist schwer zu sagen. Wenn wir noch eine Weile das Level halten freue ich mich und bin auch in 2 Jahren noch am Start. Wenn es irgendwann nicht mehr läuft, oder wenn wir selbst nicht mehr weitermachen wollen muss ich mir eine Arbeit suchen ;-(.
Dein Schlusswort lautet:
Genießt das Leben! Es ist in jedem Fall zu kurz!
Interview von Susi mit Gunnar im Juli 2011
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen